"Planen Sie für Kontrollen zirka drei Stunden Zeit ein!" Die Flughafen-Info und einige Border Control-Folgen haben uns auf kritische Befragungen vorbereitet. Der wohlwollend lächelnde Immigration Officer lobt uns jedoch für die Online-Anmeldung der Wanderschuhe und klebt einen gelben Zettel auf den Pass. Fertig. Ein netter Mitarbeiter verschwindet mit den (vorsorglich in Reißverschlussnähe verpackten) Schuhen und kommt umgehend zurück. Fertig. Ein kräftig gebauter freundlicher Maori hievt unsere Koffer auf das Scanner-Band und wieder herunter. Fertig.
Das Ganze hat 15 Minuten gedauert.
Ich aktiviere die zuhause gekaufte SIM-Karte im Handy und kaufe bei Spark eine Datenkarte fürs Tablet. Wir wechseln zu einem guten Kurs und mäßigen Gebühren je 250 Euro in neuseeländische Dollar. Nochmal 15 Minuten.
Problem: Der vorab gebuchte Shuttlebus in die Innenstadt fährt erst in drei Stunden. Das dauert uns zu lange und wir nutzen die Möglichkeit eines Sammeltaxis bis vor die Hoteltüre.
Kaum ausgestiegen zeigen sich die Tücken dieser Stadt. Die Straße ist so stark geneigt, dass wir die Koffer keinen Moment aus der Hand lassen können. Und sind wir überhaupt richtig? Vom Holiday Inn Express keine Spur. Nur mit dem Kopf im Nacken (oder von der anderen Straßenseite) hätten wir die hoch angebrachte Neonschrift erkennen können. Deshalb betreten wir etwas verunsichert durch eine schmale Glastüre ein Treppenhaus nebst Rolltreppe. Im ersten Stock weist ein kleines Schild auf einen kleinen Aufzug und die Rezeption im dritten Stock hin. Hoch, dann noch um zwei Ecken. Ein Raum über die gesamte Gebäudefläche beherbergt fünf Meter Rezeption und einen großen Essbereich, der jedoch außer einem guten Frühstück zz. nur vorgefertigte Pizzen und Snacks anbietet. "Im Sommer gibt es ein Buffet." So lange wollten wir nicht bleiben.
Das Zimmer ist praktisch und bequem, die ersehnte Dusche groß, das Wasser heiß, das Bett ein Vorgeschmack auf die typisch neuseeländische Liebe zu Kissenhaufen - und elektrischen Heizdecken.
Wir schaffen es gerade noch zum benachbarten Italiener (Mozzarella & Co). Eine Vorspeisenplatte, zweimal Caprese, Wein und Kaffee kosten 131 NZD, Schreck! Aber das sind "nur" rund 75 Euro, Preistreiber ist der Wein, 10 cl für 19 NZD (~12€).
Um 2 Uhr Ortszeit bin ich hellwach, eine gute Zeit, mit dem Gatten zu skypen (15 Uhr in Deutschland).
Toast, Eier, Speck, Müsli, Gebäck und frisch gemahlener Kaffee - der Tag kann kommen.
Das tut er auch und zwar mit Regen und Sturmböen, die uns zurück aufs Zimmer treiben. Dann beruhigt sich das Wetter, bleibt aber extrem wechselhaft.
Die nahe Cathedral of St. Patrick and St. Joseph ist wegen Bauarbeiten nur über einen Nebeneingang zu betreten und nicht so "imposant" wie beschrieben. Dafür liefert sie eine Fülle interessanter Informationen. Ich hätte nicht vermutet, dass ausgerechnet Neuseeland 1893 als zweiter Staat der Welt das Frauenwahl-recht einführte (die ersten waren die Pitcarn-Inseln!). Eine Gedenktafel ehrt die Frau auf dem 10-$-Schein, Kate Sheppard, Sozialreformerin, Suffragette und die erste Präsidentin des Nationalen Frauenrats in Neuseeland. Und Neuseeland hat eine erste "Saint in Progress", Ordensgründerin Suzanne Aubert, der zur Heiligsprechung noch zwei bestätigte Wunder fehlen.
Außerdem gibt es in Auckland eine starke, von NS-Flüchtlingen gegründete polnische Community (zwei Gedenktafeln).
Erstaunlicher Sightseeing-Tipp des Sohnes einer Höhenangst-geplagten Mutter. Die bleibt deshalb im 51. Stock, während ich mich auf den 60sten vorwage. Kein großer Unterschied, beide bieten eine grandiose Weitsicht, ohne dass man unbedingt durch im Boden eingelassene Glasscheiben nach unten gucken muss. Witzig: An den Fenstern begegnet uns zum ersten Mal das ansonsten allgegenwärtige Logo der erfolgreichen neuseeländischen Rugby-Nationalmannschaft All Blacks.
Auch das Café auf der 50sten Etage schafft durch ausreichend hohe Brüstungen eine gemütlich abgesicherte Aussicht auf einen die Stadt umfassenden Regenbogen und rasend schnell aufziehenden Nebel.
50 Stockwerke tiefer ist der Nebel weg und der Himmel strahlend blau. Deshalb sehen wir uns den Fährhafen an, der, umstanden von alten und neuen Gebäuden, Ausgangspunkt für rund 20 Schiffsrouten ist. Eingeschlossen wird er rechts von der Queens Wharf und links von der Princes Wharf mit dem Hilton Hotel im Stil eines Ozeanriesen.
Passend dazu das New Zealand Maritime Museum. Eine Abteilung widmet sich der polynesisch inspirierten Ausleger-Technik der Maori-Boote und zeigt den (letztlich untauglichen) Riesen-Nachbau eines Briten. Des Weiteren geht es um Migration und die damals forcierte Anwerbung von Einwanderungswilli-gen in deren Mutterländern - heute kommt man nicht mehr so einfach dauerhaft ins Land. In einem Nebengebäude zeigt man stolz eine beeindruckender Pokalsammlung und feiert die Siege im modernen Segelsport..
Leichter Regen. Vom Meer führen die Straßen teils steil aufwärts in die Stadt. Wir nehmen einen Imbiss in einer rustikalen Kneipe, der mein vages Unwohlsein deutlich verstärkt - wahrscheinlich ohne die direkte Ursache zu sein. Weil wir morgen per Auto weiter wollen, lege ich mich ins Bett und überlasse der Freundin weitere Besichtigungen und die Suche einer geeigneten Nahrungsquelle. Die nutzt ihre Freiheit jedoch wegen unfreundlichem Wetter nur spärlich, wird aber satt.