So einfach, wie ich mir das vorgestellt habe, ist die Sache nicht. Jütland ist der große Festlandteil Dänemarks, der hinter der deutsch/dänischen Grenze beginnt und bei Skagen endet. Früher in Süd- und Nordjütland aufgeteilt, nennt man jetzt je nach Bezugsgröße Nord-, Mittel- und Südjütland, oft kombiniert mit einer Ost-, Mitte-, Westzuordnung.
Wir bereisen das ganz im Süden gelegene Süderjütland (Sønderjylland: Sønderborg, Tondern), "darüber" Südjütland (Sydjyllland), geteilt in Südwestjütland (Varde, Esbjerg, Vejen, Billund) und Südostjütland (Kolding, Vejle, Frederica). Touristische Anbieter und eine Verwaltungsgebietsreform (1970-2007!) vereinfachen alles ab Grenze als Sønderjylland - alle Klarheiten beseitigt.
Auf jeden Fall liegt der flache Landstrich zwischen süddänischer Ostsee und süddänischer Nordsee. Viel Meer. Dazwischen reichlich Kultur, Geschichte, Natur - und Golf.
Die Region Schleswig war lange Zankapfel zwischen Dänemark und Preußen/Deutschland, bis 1920 nach einer Volksabstimmung der größte Teil an Dänemark zurückfiel.
Die zunächst kooperative, dann jedoch mehr und mehr brutale deutsche Besatzung im WK II und die aufgezwungenen Flüchtlingsmassen zu Kriegsende vergifteten zusätzlich das dänisch-deutsche Verhältnis.
Heute gibt es eine Europaregion Sønderjylland/Schleswig, Resentiments sind (fast) verschwunden, die deutschen Nachbarn sind gern gesehene Gäste.
Dänisch klingt irgendwie vertraut, aber der Unkundige versteht wenig. Besser funktioniert Gelesenes, wenn man sich mit der Lautung von ø, å, und æ bekannt macht.
Gerade in Grenznähe sprechen viele Dänen, vor allem Ältere, Deutsch - manche sogar gern. Jemanden sofort auf Deutsch zu überfallen und zu erwarten, dass das Gegenüber genauso antwortet, gilt allerdings als unhöflich - aber fragen kostet nichts. In den Schulen dominiert Englisch als Fremdsprache, so dass gerade junge Menschen lieber anglophon daherkommen. Zur Not (und ganz selten) muss ein Übersetzungsprogramm helfen.
Obwohl EU-Mitglied, wollen die Dänen ihre Kronen behalten. Man kann fast überall mit Kreditkarte bezahlen. Euro werden teilweise akzeptiert, oft wird das Wechselgeld in Kronen zurückgegeben (und der Kurs ist Vertrauenssache). Umtausch vor Ort und Abhebungen am Bargeldautomaten können saftige Gebühren beinhalten. Deshalb sollte man einen kleinen Vorrat bei der Hausbank getauschter Landeswährung dabei haben, z. B. für die urigen kleinen Fressbuden am Strand oder für das in bar beliebtere Trinkgeld im Restaurant.
Auf ihre Nationalflagge sind die Dänen stolz. Der leuchtend rote, weißbekreuzte Dannebrog weht vor Amts- sowie Privathäusern, sogar über manchen Grüns. Bei ausländischen Farben sind die sonst eher großzügigen Dänen aber eher kleinlich. Fremde Fahnen vor dem Ferienhaus oder am Auto waren bis 2023 sogar verboten, dann hob der Oberste Gerichtshof (!) dieses Verbot auf. Gern gesehen werden die Statements anderer Nationen - außer als Zweitflagge am Boot - trotzdem nicht.
Die kulinarische Globalisierung hat auch Dänemark nicht verschont. Italiener (die schärfste Pizza), Chinesen, Mexikaner ... alles da.
Speziell und gut: Lakritz, Softeis (mit Deko), Smörrebröd (Butterbrot in allen Variationen und Preisklassen), Räucherfisch. Dazu Bier, Wein (immerhin vier Anbaugebiete), Akvavit (Kümmel u. A.), Gammel Dansk (Bitter), Zitronenlimonade oder Ymer (Buttermilch).
Hübsche Geschichte: Als die Preußen abendliche Versammlungen samt Absingen patriotischer Lieder und abschließendem Kaffeepunsch aus Furcht vor Revolte verboten, trafen sich die pfiffigen Südjütländer statt dessen zum nicht genehmigungspflichtigen Kaffeeklatsch (mit Gesang und politischem Statement). Jeder brachte Kuchen mit und im Laufe der Zeit entwickelte sich aus der Konkurrenz der Bäckerinnen die Südjütländische Kaffeetafel: Sieben trockene, sieben weiche und sieben harte Kuchen stehen traditionell zur Auswahl - heute bei ausgesuchten Anbietern auch ohne Protest gegen eine ungeliebte Obrigkeit zu genießen.
Der große Aufwand führt jedoch dazu, dass man an dieser Schlemmerei nicht spontan, sondern nur nach Voranmeldung und nur zu bestimmten Terminen teilnehmen kann, da ist Vorplanung gefragt.