Der Zwischenstopp im Flughafen gehört zur bequemsten Route zu unserem zweiten Ziel in Hongkong, denn die künstliche Airport- Aufschüttung liegt eng neben der Insel Lantau mit dem Big Buddha. Nach Lantau fahren die blauen Taxis, es ist aber keines da. Eine offiziell aussehende Dame fragt nach dem Wohin und erklärt, ausnahmsweise dürften wir zur Küstenstation der Ngong Ping 360-Gondelbahn in Tung Chung auch einen roten Wagen nutzen. Die stehen zwei Fahrspuren weiter, wir dürfen aber, obwohl weder Wartende noch fahrende Autos zu sehen sind, nicht einfach quer rüber, sondern müssen gurtgesteuert fünf mal 40 Meter überwinden. Ordnung muss sein. Erste Frage des Fahrers: "Haben Sie Cash?" Das können wir, stolz auf unsere gute Vorbereitung, bejahen. Die Fahrt dauert (ohne merkliche Umwege) 20 Minuten für einen Kilometer Luftlinie. Gut, dass wir an Fußläufigkeit nicht mal gedacht haben! An der Gondelstation zahlt sich die Vorbestellung aus, unsere Schlange ist deutlich kürzer als die der Spontanfahrer. Dann der Schreck: Die Freundin hat nicht nur ein Faible für Zeitpuffer, sie hat auch Höhenangst. Deshalb hatten wir die 7-Kilometer-Seilbahnfahrt längs der Küste und hoch zum Monument vorher besprochen, aber in der Planungseuphorie hatte sie sich die Gondeln größer vorgestellt, mit mehr Menschen besetzt, in deren Mitte sie den Blick nach draußen vermeiden könnte. In Anbetracht der breit verglasten Vierpersonen-Kugeln verfliegt die Euphorie, die Angst bleibt. Was tun? Wir beschließen, ein Taxi zu suchen, um den Buddha mit dem Auto zu erreichen. Der Weg ist erheblich länger als per Seil, führt aber durch grünen Wald und kleine Ortschaften mit ein- oder zweigeschossigen Häusern, architektonisch ein echtes Kontrastprogramm. Dann, je nach Kurve, der Blick auf den Kopf des Tian Tan Buddha, der Körper bleibt hinter Bäumen verborgen.
Der Ort Ngong Ping hat sich die Berühmtheit dieses Heiligtums zunutze gemacht und setzt eher auf Tourismus als auf Wallfahrt. Souvenirs und Snacks in Hülle und Fülle. Von etlichen alten Generälen in martialischer Pose werden wir zum Monument geleitet. Nur vom Fuß der Treppe, die geradlinig in einer Schneise durch den Wald führt, ist die ganze Figur zu sehen, beeindruckend in ihrer Größe, aber auch in Haltung und Ausdruck. 260 Stufen bis zu seinen Füßen, das ist in der Mittagshitze eine echte Herausforderung. Wir entscheiden uns für das Teleobjektiv. Selbst für die vielgepriesene vegane Mahlzeit im nahen Po Lin-Kloster ist es zu heiß. Wir bewundern den Ngong Ping-Platz mit mächtigem Scheintor und (laut Warnhinweisen potenziell gefährlichem) freilaufendem Rind, schlendern durch Klostergarten und Village und suchen ein Taxi für die Rückfahrt.
Es gibt aber keines. Dafür einen Busbahnhof mit lesbarem Fahrplan - wenn auch ohne Preise. Wir finden eine Linie, die uns bis zur Tung Chung Station bringt. Die geordnet Wartenden mustern uns erstaunt, westliche Touristen schweben wohl eher per Gondel ein und aus. Der Bus kommt, der Fahrer versteht keine Sprache, die wir anbieten können und reagiert nicht auf Zeigeversuche oder Gelddarbietung. Er deutet nur, immer unwirscher werdend, auf einen seitlichen Kasten, wehrt aber den Versuch, das Ding mit einem Schein zu füttern, vehement ab. Da kommt ein junger Mann mit Freundin, der mit Karte zahlen will, aber nicht darf. Nach längerem Palaver schiebt er zwei Zwanziger in einen verdeckten Schlitz über der auffälligen Kastenöffnung. Der Fahrer scheint zufrieden. Prima, das kann ich auch. Wohlwollend nickend schließt der Buslenker die Türen und fährt los.
Nächstes Problem: Wo müssen wir aussteigen? Die ersten Kilometer gibt es nur wenige Haltestellen, erst im Stadtbereich wird es kritisch, denn wir wollen zwecks möglichst kurzer Wege den Bus nicht zu früh und nicht zu spät verlassen. Da taucht die Fassade mit dem markanten U-Bahn-Zeichen auf. Raus aus dem Bus, rein ins Taxi, Flughafen. Geschafft - in jeder Hinsicht.
Rucksäcke (im Zeitfenster!) abgeholt und wieder umgepackt, ohne Problem oder Wartezeit durch Security und Passkontrolle - viel zu früh. Die Cathay-Lounge befindet sich am hintersten Ende der Halle (Gate 1-4), ist nicht klimatisiert und hat wenig bequeme, weil zu tiefe Sitzmöglichkeiten. Immerhin gibt es Säfte und Kleinigkeiten. Was es nicht gibt, sind USB-Anschlüsse. Na ja.
Den zweiten Teil der Warterei verbringen wir in der Cafeteria, hier stehen Stühle.
Der Flug erscheint - Gate 42. Das ist nicht nur eine Strecke, sondern auch eine kurze Zugfahrt entfernt. Wartebereich. Eine Frau schnieft (kein Wunder bei dem dauernden Wechsel von klimatisierten und nicht klimatisierten Räumen) und versprüht irgendwas weiträumig um sich herum. Irgendwo tickt es bedrohlich, das stört aber niemanden. Das Personal wirkt planlos, der eine versperrt Zugänge mit dem beliebten Gurtband, der nächste öffnet sie wieder. Alte weiße Männer fürchten um ihre Privilegien und drängen sich an zwei Rollstuhlfahrern vorbei zum Einstieg. Kein Aufruf, kein System. Trotzdem werden einzelne durchgewunken, andere von einem autoritätstrunkenen Jüngling ziemlich rüde zurückgeschickt. Wir versuchen es. Stopp - zurück! Oder doch nicht? Bordkarte kontrolliert, wir dürfen.
Zum Abendessen nehme ich schön knorpelige Abalone und gehacktes Rind an Püree. Ich bin so müde (15.418 Schritte), dass ich auf den Nachtisch verzichte und mich verkrieche. Mein Schlaf wird durch einen "medizinischen Notfall" kurz unterbrochen, den die Flugbegleiter aber gekonnt händeln. Western-Frühstück mit Eiern und Speck, dann Auckland.